Der Aggasee im Allgäu
Der Aggasee, eine Vision die für viel Aufsehen sorgte...
Im Frühjahr 2003 sorgte die Vorstellung einer gewagten Studie für viel Aufregung im Oberen Mindeltal. Um die Hochwassergefahr im weiteren Verlauf der Mindel zu bannen und um die gesamte Region aufzuwerten, schlug Dr. Karsch aus Irsee vor, oberhalb Dirlewang einen 30 m hohen Damm aufzuschütten und damit das obere Mindeltal und das östlich davon gelegene Mühlbachtal aufzustauen. Der See sollte von der Mindel und dem Mühlbach gespeist und durch den Kiesabbau aus dem Gebiet unterhalb Lauchdorf finanziert werden.
Da ich für mich in Anspruch nehme, dass ich neuen Ideen gegenüber stets aufgeschlossen bin, ihnen zwar kritisch aber selten ablehnend gegenüberstehe, konnte ich die ganze Sache neutral und ziemlich amüsiert beobachten.
Aus dieser Situation heraus und um der Nachwelt meine Gedankenspiele weiterzugeben entstand folgendes Gedicht.
I hau bloß amaul laut denkt!
D’Mindl isch a liablichs Bächla,
fliaßt’s Tal dau na ganz still und gmächla,
und friedlich au dur Dirlewang.
Doch rengats nau weats deana bang,
denn d’Mindl weat zum wilda Fluss
und macht deana nawärts nur Verdruß.
Reißt Bäum mit um, füllt Keller aus,
und unterspüalt so manches Haus.
Dau isch a so, willscht it versaufa;
nau hilft bloß ois, du muascht verdlaufa!
I glaubs, daß des oim bald verdleidat,
drum gibt’s au koin der dia beneidat.
Mir kennats drum au akzeptiara,
daß dia dr Mindl wend da Hals a’schniera.
Bevor des Mindeltal weat weit,
so hand se vor dia gscheida Leit,
will ma an kloina Damm aufschütta.
Mit ar Falla in dr Mitta,
dia ma wenn’s reacht rengat, schliaßt,
damit s,Wasser numma dur Dirlewang schiaßt.
Für dia dau dund isch sicher richtig,
wias obr am Damm ausieht isch au it wichtig.
Doch denk i mir an diesem Fleck,
bleibt drnauch bloß ois, a Haufa Dreck!
A andre Lösung müsst’s dau gea,
a Lösung dia drzua isch au no schea,
was soll denn so a Krottalacha;
dau könnt ma doch was gscheits draus macha.
Dau füll’mr no a paar Meter auf
und stauat ganze Tal nauf auf.
A Hirngespinst hau i mir denkt,
hau mei Hiara au numma weiter verrenkt.
Nau lies i doch in dr Zeitung denna,
dass Andra kennat no mehr spinna.
Dau kommt a Doktr vo Irsee rum,
und plant an Aggasee, a riesigs Drum.
Baut an Damm dann glei 30 Meter hoch,
mei liaber Ma, des weat a Loch.
Vo Dirlewang bis Baisweil nauf,
der See der hört gar numma auf.
Und heana nauf bis Binkahofa,
soll des ganze Tal voll loffa.
Doch ois will i no it kapiara,
wia soll’s dau deana funktioniera,
Dau isch ja alles brettla-eba,
wo soll’s denn dau an See ageaba.
Doch dr Doktr setzt no oins drauf,
baggrat glei da ganz Boda auf,
holat Kies raus, ganz an Haufa,
und suacht no oi, dia’s dätat kaufa.
Osterlauchdorf soll glei ganz verschwinda,
darfat m’Berg dob a nuis Dörfla gründa.
Des müasssat einiga aber erst verdaua,
dass se sollat a ganz nuis Dorf aufbaua.
Helchariad die derfat bleiba;
doch send sa zletscht it zum beneida,
denn hinterm Damm isch au it schea
und d’Berg werat se nau nia mea seah.
Hartathal vom Glück erkora,
d’Toskana des Allgäus ist gebora,
an da Halda wächst der Wei,
und Oliva pflanzt ba au no ei.
Dr Schwayerhof, der weat a Guat
des Aggainsel heissa tuat,
bloss weiss ma no it, sollat sie ihr Futter
mit am Floß hoidua, oder mit am Kutter!
Großriad am See, des kleine Nescht,
erwartat in Zukunft viele Gäscht,
d’Übernachtungszahla gand sprunghaft in d’Höh,
denn d’ganz Welt macht Urlaub am Aggasee.
Baisweil wird no weltbekannt
und Bregenz vom Aggasee genannt.
Wenn s’Amphitheater in Baisweil erst staut,
doch koiner mea nauch Bregenz gaut.
Aus Lauchdorf konnt ma au was macha,
dau fallat oim ei so mancha Sacha.
Am See fehlt no a Ballerma!
Hoffentlich denkt dr Karsch dau dra!
Warmisriead weat no ganz bekannt,
denn dr Landrat Haisch nimmt d’Trompet in d’Hand
und blausat in d’Sandgruab nei, o wia schee,
ganz laut des „Echo vom Aggasee“.
Wallariead liegt stolz auf dr Höh
zwischa am vodra und hindra Aggasee.
Dau isch ruig und ma ka in d’Berg nei schaua
dau könnt ma a Erholungsheim nauf baua.
Dr Leutahof liegt hintem Wald,
dau wearat oi vielleicht scha bald,
an FKK-Strand macha und des isch gwieß
dau wär au für Swinger a Paradies.
Ganz dunda, direkt glei hinterm Damm
dau liegt besagtes Dirlewang.
Dia kommat jetz nau ganz groß raus
kennat leaba bald in Saus und Braus,
denn dau na kommt d’Hei-Suseiatie
dia bauat glei an Yachtclub hie.
Dau gand nau Bonza aus und ei,
Dös wead scha recht, dös laß na sei!
Für d’Facklermühla isch es dumm,
über dia fährt jeatz nau d’Fähre num,
vo Warmisriead nauch Unteregg am See.
Ja, Facklermühla di haut’s amaul gee.
Unteregg wird zum Tourismusparadies,
doch für d’Gäst dau isch es scha a Gschieß,
sollat sie im Hotel Adler-Seeblick übernachta,
oder liaber a Fischerhüttla im See din pachta.
Und mitta im See dau staut a Hütt,
wea wohnt denn dau, a Eremit?
I nimm mei Fernglas und siags ganz groß,
s’isch dr Anton, leabt jeatz auf’m Floß.
A groaß Glück hat scha Binkahofa
dia brauchat it vor’m See verdloffa,
hand zwar koin Sandstrand, bloß a Wies,
vielleicht weads a Fischer-Paradies.
Oberegg des isch außa vor,
liegt it am See, abr knapp drvor.
Dr Tourismus weat eis abr au it verschona,
so ruig wia jeatz wear mer nia mea wohna.
Und dia Moral vo dera Gschicht
ob dr See jeatz kommt odr au nicht,
mir hand jeatz was zum dischkutiera.
Dearfat abr oi Ziel it aus da Auga verliera,
daß mr eiser Hoimat it unter Wert verkaufat
und was bewegat, bevor eis alla Leit verdlaufat.
Denn eiser Hoimat dia isch schee
ob mit, oder ohne Aggasee.
Xaver Sirch